Patienten stören Hausfrieden: Darf der Vermieter dem Arzt kündigen?

Patienten stören Hausfrieden: Darf der Vermieter dem Arzt kündigen?

Wenn in einem Haus Wohnungen und Gewerbeeinheiten unter einem Dach angesiedelt sind, kann das mitunter zu Problemen führen. Stören die Kunden oder Lieferanten des Gewerbetreibenden den Hausfrieden, dann kann das zur Kündigung führen. Aber gilt das auch für Störungen durch die Patienten eines Arztes? Diese Frage hat das Oberlandesgericht Köln beantwortet.

Suchtkranke Patienten, die sich im Treppenhaus daneben benahmen, wurden einem Psychiater zum Verhängnis

Wenn in einem Haus Wohnungen und Gewerbeeinheiten unter einem Dach angesiedelt sind, kann das mitunter zu Problemen führen. Stören die Kunden oder Lieferanten des Gewerbetreibenden den Hausfrieden, dann kann das zur Kündigung führen. Aber gilt das auch für Störungen durch die Patienten eines Arztes? Diese Frage hat das Oberlandesgericht Köln beantwortet.

Köln. Wenn die Patienten eines Arztes sich auf dem Weg in die gemieteten Praxisräume im Treppenhaus daneben benehmen, kann das bei schwerwiegenden, wiederholten Störungen des Hausfriedens eine außerordentliche Kündigung durch den Vermieter rechtfertigen. Das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden (Urteil vom 01.03.2024, Az.: 1 U 10/23). Ein Arzt muss sich nach Überzeugung des Gerichts das Verhalten seiner Patienten im Treppenhaus genauso zurechnen lassen, wie ein Wohnraummieter das Benehmen seiner Gäste.

Das Urteil fiel im Streit um eine Praxis im Rheinland. Sie befand sich in einem Gebäudekomplex, dessen Eigentümerin in der Anlage eine Seniorenresidenz sowie eine ambulante Pflegestation betreibt, Wohnungen und Gewerberäume vermietet. In den Gewerberäumen sind Arztpraxen untergebracht. Auch ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hatte sich im Jahr 2013 dort eingemietet. Die Praxis im ersten Obergeschoss sorgte natürlich für Publikumsverkehr im Treppenhaus.

Patienten eines Psychiaters störten den Hausfrieden

Allerdings lief das alles andere als reibungslos ab. Die schwerpunktmäßig suchtkranken Patienten des Psychiaters verstießen im Treppenhaus mitunter gegen Hygienevorschriften der Corona-Zeit, tranken Alkohol, verschmutzten den Bereich mit Fäkalien, brachten gar Fahrräder und Hunde mit, die dort abgestellt bzw. angeleint wurden. Das wurde der Vermieterin irgendwann zu bunt: Nach zwei vergeblichen Abmahnungen in den Jahren 2020 und 2021 kündigte sie dem Psychiater schließlich fristlos und zog mit einer Räumungsklage vor Gericht.

Das Oberlandesgericht Köln gab der Vermieterin am Ende Recht. Es verurteilte den Psychiater zur Räumung und Herausgabe der Mietsache. Durch die zahlreichen, schwerwiegenden Vorfälle sei der Hausfrieden nachhaltig gestört. Der Mieter hätte offensichtlich keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um den Störungen ein Ende zu bereiten. Die Kontrollen des Treppenhauses durch den Mieter und seine Mitarbeiter waren nach Auffassung der Richter unzureichend und unregelmäßig gewesen.

Abmahnungen erfolglos: Praxis muss ausziehen

Vor diesem Hintergrund war es nach Ansicht des 1. Zivilsenats der Vermieterin nicht mehr zuzumuten, das Mietverhältnis fortzusetzen, die außerordentliche Kündigung daher wirksam. Die Richter wiesen darauf hin, dass Mieter sich im Hinblick auf die Erhaltung des Hausfriedens auch das Fehlverhalten von all jenen Menschen zurechnen lassen müssen, die auf Veranlassung des Mieters ins Haus kommen, also etwa Verwandte, Gäste, Besucher, Handwerker, Transporteure, Betriebsangehörige oder Kunden.

So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in mehreren Urteilen entschieden (Urteil vom 15.05.1991, Az.: VIII ZR 38/90; Urteil vom 21.05.2010, Az.: V ZR 244/09; Urteil vom 25.08.2020, Az.: VIII ZR 59/20). Vor diesem Hintergrund muss sich auch ein Arzt als Mieter das Verhalten seiner Patienten im Treppenhaus zurechnen lassen, stellte das Oberlandesgericht Köln fest. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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