Bei einem sogenannten Haustürgeschäft schützt ein Widerrufsrecht den Verbraucher. Unter gewissen Umständen lassen sich Handwerker-Aufträge, die nicht im Geschäft des Anbieters erteilt wurden, daher selbst nach Erbringung der Leistung widerrufen. Aber was ist, wenn zwischen Angebot und Auftragserteilung eine Nacht Bedenkzeit lag? Dazu gibt es jetzt ein höchstinstanzliches Urteil.
Karlsruhe. Ein Handwerker unterbreitet außerhalb seiner Geschäftsräume einem potentiellen Auftraggeber ein Angebot, am nächsten Tag nimmt der Kunde das Angebot an. In diesem Fall kann der Auftraggeber seinen Auftrag später nicht widerrufen und sein Geld zurückverlangen. Durch die Bedenkzeit zwischen Angebot und Auftragserteilung erlischt das Widerrufsrecht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden (Urteil vom 06.07.2023, Az.: VII ZR 151/22).
Damit gaben die Bundesrichter einem Dachdecker aus Niedersachsen Recht. Zwei Hauseigentümer hatten ihn beauftragt, unter anderem die Dachrinnen an ihrem Reihenhaus zu erneuern. Dabei bemerkte ein Mitarbeiter des Handwerkers allerdings, dass auch der Wandanschluss des Daches nicht mehr in Ordnung war. Er machte die Eigentümer darauf aufmerksam und bot ihnen an, auch diesen Defekt zu beseitigen. Diese waren interessiert, der Mitarbeiter informierte telefonisch den Chef, welcher zurückmeldete, dass man die Arbeiten für ungefähr 1.200 Euro erledigen könne.
Am nächsten Tag besuchte der Chef die Baustelle und der Eigentümer erteilte den Zusatzauftrag. So sagte es der Dachdecker jedenfalls später vor Gericht aus. Dort war der Fall gelandet, weil der Auftraggeber nach mangelfreier Erledigung beide Aufträge schriftlich wiederrufen hatte und sein Geld zurückverlangte. Der Handwerker wollte nicht zahlen, worauf die Hauseigentümer ihn verklagten. Das Vorhaben scheiterte letztlich jedoch vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der stellte fest: Wenn die Eigentümer den Auftrag wirklich erst am nächsten Tag angenommen haben, stand ihnen kein Widerrufsrecht zu.
Eine Nacht Bedenkzeit: Kein Widerrufsrecht mehr
Ob es tatsächlich so war, muss das Landgericht Hannover feststellen, wohin Karlsruhe den Fall zurück verwies. Die Begründung für den Richterspruch aus Karlsruhe: Das Widerrufsrecht schützt Verbraucher, die außerhalb der Geschäftsräume des Dienstleisters ad hoc entscheiden müssen. Wenn sie dagegen eine Nacht über die Entscheidung schlafen könnten, bräuchten die Auftraggeber zu ihrem Schutz ein solches Widerrufsrecht dagegen nicht.
Außerdem weist der BGH darauf hin, dass das Widerrufsrecht erfordert, dass der komplette Vertragsabschluss nicht nur außerhalb der Geschäftsräume, sondern auch in gleichzeitiger Anwesenheit beider Geschäftspartner zustande kommt. Wenn die Aussage des Dachdeckers stimmt, war dies hier aber nicht der Fall, weil der Unternehmer das konkrete Angebot am Vortag telefonisch unterbreitet hatte.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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